Pricing
Was Mandanten von Kanzleien bei der Abrechnung erwarten
Einleitung
Die steigenden Honorare von Kanzleien werden derzeit kontrovers diskutiert. In deutschen Rechtsabteilungen steigt die Unzufriedenheit sowohl bei der Honorarhöhe als auch
bei der Abrechnungsart. Neue Preismodelle stellen beide Seiten vor Herausforderungen. Welche Anforderungen haben Unternehmen an das zukünftige Pricing? Wie groß ist die Lücke zwischen den Erwartungen der Unternehmen und dem derzeitigen Angebot der Kanzleien? Um Transparenz in diese Frage zu bringen, hat Schoen + Company parallel eine Befragung in Kanzleien und Rechtsabteilungen in Deutschland durchgeführt.
31% der Unternehmen sind mit dem Preis-Leistungsverhältnis unzufrieden.
Sehr unterschiedliche Zufriedenheit mit dem Preis-Leistungsverhältnis
Die Kanzleien nehmen an, dass keiner ihrer Mandanten unzufrieden ist und 92% mindestens zufrieden sind. Hier irren sie sich, denn 31% der Unternehmen sind unzufrieden. Allerdings ist die Hälfte der Unternehmen mit dem Preis-Leistungsverhältnis zufrieden, 8% sind sogar sehr zufrieden.
Abrechnungsprobleme sind der häufigste Wechselgrund
Ein Viertel aller Kanzleiwechsel durch Unternehmen findet wegen zu hoher Stundensätze statt, gefolgt von überhöhten Abrechnungen und mangelnder Kostentransparenz. Nur ein Viertel aller Wechsel haben keine Abrechnungshintergründe.
Die Unternehmen wünschen sich mehr Risikobereitschaft, Unternehmertum und Ergebnisverantwortung von den Kanzleien.
Wunsch nach mehr Risikobereitschaft und unternehmerischem Denken
Die Unternehmen wünschen sich vermehrt Risikobereitschaft, wirtschaftlichen Realismus, unternehmerisches Denken und Ergebnisverantwortung bei den Kanzleien. Ferner erwarten sie volle Transparenz der Abrechnung, bepreisbare Leistungskataloge sowie Senkung der Stundensätze durch Reduktion des Fixkostenblocks in den Kanzleien. Die Kanzleien wünschen sich mehr Fairness und offeneren Umgang bei Rechnungsdiskussionen und häufiger erfolgsabhängige Vergütung. Ferner wünschen sie sich eine stärkere Akzeptanz auf Mandantenseite, dass hohe Qualität ausreichend Zeit benötigt und auch die hohen Stundensätze rechtfertigt.
Veränderung bei Preismodellen gefordert
Das Stundensatzmodell wird von allen Befragten eingesetzt aber nur von 62% der Unternehmen gewünscht. Kanzleien und Unternehmen wollen gleichermaßen Abrechnung nach RVG stark herunterfahren. Hingegen wünschen sich 69% Festbeträge und 46% der Unternehmen Preisobergrenzen, also deutlich mehr als bisher.
Rahmenverträge werden derzeit von 38% der Unternehmen ausgehandelt, dies soll auf 46% steigen, wohingegen die Kanzleien Rahmenverträge nur zu 33% wünschen.
Bonus-Malus-Regelungen werden derzeit nur bei 8% der Unternehmen angewendet, jedoch bereits von einem Drittel der Kanzleien angeboten. Dieses Preismodell wird bei Unternehmen in der Zukunft deutlich beliebter.
46% der Unternehmen sind nicht zufrieden mit der Transparenz der Abrechnung
Die Kanzleien unterliegen bei diesem Thema der größten Fehleinschätzung. Obwohl nur 8% der Unternehmen sehr zufrieden mit der Transparenz sind, glauben dies 37% der Kanzleien von ihren Mandanten. Und obwohl 8% der Unternehmen sehr unzufrieden sind und 15% unzufrieden, glaubt dies keine Kanzlei von Ihren Mandanten.
Bei der Ausgestaltung der Abrechnung gibt es Verbesserungs-Potenzial
Die zeitliche Beschreibung der Leistungen in der Abrechnung erfolgt bei 67% der Kanzleien in Minutentakten (5, 6 oder 10 Min.) und bei 33% auf Stundenbasis. Standard bei der inhaltlichen Beschreibung ist in fast allen Kanzleien die Nennung von Beteiligten, Datum und Stichworten. Dies reicht jedoch den Unternehmen nicht aus. Sie wünschen sich vermehrt eine inhaltliche Beschreibung sowie ein Ergebnis der Tätigkeit. Auch ein Executive Summary am Anfang der Rechnung wäre wünschenswert.
Zeitaufwand für die Rechnungserstellung ist enorm
Im Schnitt verbringen die Anwälte in den Kanzleien täglich 15 Minuten mit der Stundenerfassung. Zusätzlich werden am Ende eines Mandats noch einmal 60 Minuten für die Erstellung der Rechnung aufgewendet. Insgesamt summiert sich dies zu 3% der Produktivleistung von Anwälten.
Bei den Nebenkosten sind die Mandanten sparsamer geworden
Nur 23% der Unternehmen machen eine pauschale Vorgabe in Form einer prozentualen Pauschale bei der Abrechnung. Bei Flügen schreiben 58% Economy vor, 42% genehmigen auch Business Class. Bei Bahnfahrten hingegen überwiegt die erste Klasse mit 67% die 2. Klasse mit 33%. Hotelpreise sind gestaffelt: 11% machen Vorgaben bis 100€, 67% bis 150€ pro Nacht und der Rest macht keine Vorgaben. Bei Bewirtungskosten gibt ein Drittel eine Pauschale vor und ein Drittel zahlt nach Rechnungsbeleg.
Kostennote vorab gewünscht
56% der Kanzleien versenden gar keine Kostennote, 19% nur gelegentlich und 22% versenden regelmäßig eine. Hingegen finden 38% der Unternehmen eine Kostennote wünschenswert.
Kürzerer Abrechnungsturnus notwendig
Dreiviertel der Unternehmen wünschen sich eine monatliche Abrechnung. Die Hälfte der Kanzleien rechnet noch quartalsweise ab oder je Mandant. In immerhin 8% aller Fälle gibt es noch eine Jahresrechnung, die von Unternehmen aber nicht mehr gewünscht wird.
Mehr elektronischer Rechnungsversand gefordert
Über 96% der Kanzleien versenden die Rechnungen per Post, 15% immerhin auch per E-Mail. Hier ist Verbesserungspotenzial vorhanden, da ein Drittel der Unternehmen den Versand per E-Mail bevorzugen. Elektronische Abrechnung über ein Online-Formular wird erst bei 4% aller Abrechnungen eingesetzt.
Zahlungsziel
Erstaunlicherweise werden 33% der Rechnungen ganz ohne Zahlungsziel versendet. 30% der Rechnungen werden sofort fällig gestellt. Jeweils 15% räumen 14 Tage bzw. 28 Tage Zahlungsziel ein. Der Zahlungseingang erfolgt durchschnittlich nach 27 Tagen. Kommt es zu einer Mahnung, werden zwar Mahnprozesse durchgeführt, aber meistens unregelmäßig und nicht systematisch.
Rechnungsprüfung im Unternehmen
Die Rechtsabteilung prüft zwar in drei Viertel der Fälle die Rechnungen, und die Fachabteilung ist zu einem Drittel beteiligt, aber dennoch gibt es häufig keine Detailprüfung. Die Unternehmen planen für die Überprüfung der Rechnung durchschnittlich 2,4 Stunden ein.
Jede fünfte Rechnung wird von Unternehmen reklamiert und dann durchschnittlich um 12% reduziert.
Jede fünfte Rechnung wird beanstandet
Bei jeder fünften Rechnung gibt es Reklamationen durch die Unternehmen. Die Rechnungen werden durchschnittlich um 12% gekürzt. Über 90% der Kanzleien behaupten, dass sie sich kooperativ in Preisdiskussionen verhalten. Allerdings sind aus Sicht der Unternehmen nur 54% der Kanzleien kooperativ, und der Rest geht sogar abweisend mit Diskussionen um.
Wie reduzieren Unternehmen das Rechtsberatungsbudget?
Das favorisierte Instrument der Unternehmen ist der Pitch. Ein Drittel der Kanzleien gibt an, bereits Pitches wegen zu hoher Stundensätze verloren zu haben. Häufig verwendet werden ebenfalls feste Pauschalen, generelle Stundensatzreduzierung und Mengenrabatte.
11% der Kanzleien geben an, dass sich das Zahlungsverhalten der Mandanten durch die Finanzkrise verschlechtert hat.
Rechtsberatungsbudgets stagnieren 2009
Durchschnittlich wurde 2008 ein Betrag von 4,6 Mio. € für die externe Rechtsberatung ausgegeben, wobei die Spanne zwischen 0,2 Mio. € und 16 Mio. € lag. Das Budget wird sich im Jahr 2009 nur geringfügig verändern, die Spanne liegt zwischen -10% und +7,5%.
Executive Summary
- Ein Drittel der Unternehmen ist unzufrieden mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis.
- Intransparente und überhöhte Abrechnungen sind häufigster Kanzleiwechselgrund.
- Das Zahlungsverhalten hat sich durch die Finanzkrise verschlechtert.
- Unternehmen erwarten unternehmerisches Denken und Ergebnisverantwortung von Kanzleien.
- Unternehmen favorisieren Festbeträge und Preisobergrenzen stärker als Kanzleien.
- Bonus-Malus-Regelungen werden bereits von einem Drittel der Kanzleien angeboten, Unternehmen wollen diese zukünftig stärker nutzen.
- Die Leistungsbeschreibung sollte Beratungsinhalte und Ergebnisse umfassen.
- Die Hälfte der Unternehmen ist nicht zufrieden mit der Transparenz der Abrechnung, idealerweise sollte sie monatlich und per E-Mail kommen.
- Jede fünfte Rechnung wird beanstandet und dann um 12% gekürzt.
Studiendesign
Befragt wurden die Top 200 Kanzleien und die Top 200 Unternehmen in Deutschland. Die Studie wurde schriftlich, durch einen Fragebogen gestützt durchgeführt. In den Kanzleien wurden Managing Partner, Marketingleiter oder Leiter des Business Developments und in den Unternehmen Leiter der Rechtsabteilung oder Geschäftsführer befragt. Die Teilnahmequote betrug 10%. Die Befragung fand im November 2008 statt. Die Auswertung erfolgte anonym.